Von Solawis und Food Coops

courgenay_sept-5217

Lokal, saisonal, fair und erst noch gesund.

Es gibt sie, die sicheren Lebensmittel-Lieferketten, die seit Anfang 2020er-Jahre in aller Munde sind. Und zwar in Form von lokalen Kleingewerben. Alternativen Geschäftsmodelle, die einen ökologischen Konsum begünstigen und uns gleichzeitig eine Wiederannäherung an unsere Lebensmittel ermöglichen. Sie haben kurze Lieferketten und transparente Wege. Trotzdem fristen diese Alternativen eher noch ein Nischendasein. Diese neuen Bewegungen sind Gegenströmungen zum komplett anderen Geschäftsmodell der Nahrungsmittelindustrie.

Solawis 

Als Solawi, Solidarische Landwirtschaft, werden hierzulande Projekte bezeichnet, in denen Produzent:innen und Konsumentinnen die Lebensmittelwertschöpfungskette neu definieren und direkt zusammenarbeiten.

Vorteilhaft für die Produzent:innen

  • Der Zwischenhandel fällt weg, und mit ihm seine Margen. /li>
  • Das Jahresbudget ist klar, die Produzent:innen können sich auf die Arbeit konzentrieren und erhalten dafür einen fairen Preis.

Vorteilhaft für die Konsument:innen

  • Selbstbestimmung, wie ihre Nahrungsmittel produziert werden.
  • Frische, lokale und preislich absolut konkurrenzfähige Produkte.
  • Die Herausforderung:  meist sind mehr als die gängigsten sieben Produkte in der Tasche und in der Saison gibt manchmal einiges mehr, als man grad bewältigen kann.  Die Konsument:in ist verantwortlich für die Weiterverarbeitung möglichst ohne Abfälle.

Vom Verein zum Abo

So verschieden wie die Produzent:innen und Konsument:innen sind, so verschieden ist auch ihre Zusammenarbeit. Wer daran interessiert ist, die Produktion und Verarbeitung seiner Lebensmittel mitzubestimmen, hat eine grosse Auswahl von Möglichkeiten:

Als «Klassisches Modell» gelten die Vereine, die nach dem Vorbild der Les jardins de Cocagne gemacht wurden:  Die Mitglieder bezahlen einen gemeinsam bestimmten Jahres-Preis und helfen (zusätzlich) unter professioneller Anleitung ein paar Stunden in der Produktion mit. Die Konsument:innen werden zu Ko-Produzent:innen. Die Wertschätzung für die selber mitproduzierten Lebensmittel kann kaum übertroffen werden.

Doch nicht jede:r Konsument:in kann oder will sich die Zeit nehmen, aktiv mitzuarbeiten – und von der Effizienz solcher unausgebildeter Arbeitskräfte wollen wir hier gar nicht sprechen.  Das brachte einige Vereine auf die Idee, ihre Abos mit zwei Preisen anbieten, mit und auch ohne Mitarbeit.

Ein «Zwischenmodell» sind die Selbstpflückfelder verschiedener Kooperativen:  die Mitglieder helfen nur sporadisch beim Pflanzen und der Pflege, aber ihr Gemüse und ihre Beeren pflücken sie, gemäss sehr klaren Instruktionen, selber auf dem Feld. 

Ein Gemüseabonnement, ganz ohne Mitarbeit, bieten unterdessen auch verschiedene Produzent:innen an, ohne mit ihren Kund:innen einen Verein zu gründen. Immer häufiger werden Abonnemente offeriert, bei denen die Wochenlieferung in zentrale Depots gebracht wird, wo der/die engagierte Konsument:in sie bequem z.B. am Donnerstagnachmittag auf dem Heimweg abholen kann.

«Der Zwischenhandel fällt weg und mit ihm seine Margen»

Gemüse, aber nicht nur

Aber natürlich geht’s längst nicht mehr nur um Gemüse: es gibt zum Beispiel auch Milchproduzent:innen, wie zum Beispiel basimil.ch, die dem viel zu tiefen Milchpreis zum Trotz ihre Kund:innen ins Boot geholt haben und jetzt für ihre Vereinsmitglieder wunderbare Produktepaletten bereitstellen. 

Generell liegt die Wertschöpfung in der Verarbeitung und im Handel der Lebensmittel.  Auch beim Ackerbau. Höfe, die nicht zu gross sind, um ihre Produktion direkt zu vermarkten, entdecken die Verarbeitung neu – und verkaufen Mehl, Popcorn, Haferflocken, Kartoffeln, Sonnenblumenöl, Tees, Konfitüren etc. nicht nur im Hofladen, sondern bieten diese haltbaren Produkte ebenfalls auf Vorbestellung im Direktverkauf an.  In der Organisation Tournerève zum Beispiel haben sich 15 Produzent:innen zusammengeschlossen und bieten ihren Kundinnen alles und mehr an, was man auf einem Erntedankfest erwarten kann.

Und wenn die Esser:innen so weit sind, dass sie die Nahrungsmittelproduktion, -Verarbeitung und – Vertrieb wieder als einen wichtigen Teil ihres Lebens betrachten, gibt’s noch einen weiteren Schritt, den immer mehr Menschen gehen:  der zum eigenen Laden.

Le Jardins de Cocagne (Genf)
La Fève (Meyrin)

«FOOD-COOPs»

So wie die Genfer Jardins de Cocagne in der Schweiz die Referenz für Gemüsekooperativen sind, so ist wohl die New Yorker Park Slope Food Coop (↵) das Vorbild für Food-Coops.

Food Coops wollen eine Alternative bieten zu kommerziellen, gewinnorientierten Unternehmen.

Als Verein organisiert, ist nebst des Mitgliederbeitrages das regelmässige Mitarbeiten ein Teil des Erfolgs. Wobei, analog zu den Gemüsekooperativen, natürlich auch hier die Geschäftsleitung vom Verein angestellt und professionell bezahlt ist. Trotzdem: die Mitgliederarbeit wird nicht in Geld bezahlt, sondern ermöglicht kleinere Margen. Somit profitieren die Mitglieder doppelt:  sie können mitbestimmen, was ihr Laden anbietet und erhalten so auch handwerklich hergestellte, hochwertige Produkte in einer Qualität, wie sie in Grossverteilern nicht unbedingt zu finden ist. Und das Modell bietet dadurch einen durchaus konkurrenzfähigen Preis.

La Fève (↵) im eco-quartier Meyrin ist jeweils im September auch für Nichtmitglieder offen, und im Le Local (↵) in Nyon können Nichtmitglieder für einen kleinen Aufpreis das ganze Jahr einkaufen.