Interview mit Joël Mützenberg, Saatgutzüchter in Genf
Interview mit Joël Mützenberg ist Saatgutzüchter bei Semences de Pays in Genf. Aus Leidenschaft und der Überzeugung, eine autonomere Gesellschaft schaffen zu können. Zudem ist er Autor von „Une multiplication“, einem Buch, das den Unterschied zwischen Theorie und Praxis bei der Vermehrung einer Kichererbse beschreibt mit eigenen Illustrationen, physiologischen Beschreibungen und einigen Rezepten.
Können Sie sich in wenigen Worten vorstellen?
Mein Name ist Joël und ich wurde in Genf geboren. Ich wollte unserer etwas kalten, abgeschotteten Gesellschaft entkommen und ging nach Spanien, Richtung Barcelona. Aus finanziellen Gründen musste ich wieder zurückkommen und fand dann Wärme in den Milieus in Genf, in denen es ein ziemlich dichtes, kollektives Leben gab und die Möglichkeit, sich gemeinsam ein Gesellschaftsprojekt vorzustellen. Dort kamen die Gartenarbeit und die Frage der Landwirtschaft auf.
Ich ging auch nach Lateinamerika, wo ich gemeinschaftliche Agrarsysteme und mehr oder weniger bestehende Saatgutsysteme auf bäuerlicher Ebene kennen lernte.
Zusammenfassend kann man sagen, dass ich durch eine politische Entscheidung, zum Aufbau einer Autonomie im weitesten Sinne, zur Landwirtschaft und zum Saatgut gekommen bin.
Wie entstand der Verein Semences de Pays?
Semences de Pays ist ein Ergebnis der Genfer Vertragslandwirtschaft. Man wollte eine Vielfalt biologischer Setzlinge, die nicht schon in Saatgutkatalogen, z.B. von Sativa, existierten.
Setzlinge selber anzuziehen war ein erster Schritt (siehe “une multiplication”), aber bald wurde das Thema Saatgut dazu zentral. Und, etwas naiv, dachten sofort einige Leute, dass sie auch Saatgut herstellen könnten. Gedacht getan: Zeitgleich mit “Les Artichauts”, einem Verein, der Setzlinge produziert, gründeten die gleichen Menschen gemeinsam mit Mitgliedern einer landwirtschaftlichen Genossenschaft den Verein Semences de Pays.
Welche Rolle haben Sie bei Semences de Pays ?
Der Verein wurde 2010 gegründet. Ich wurde kurz darauf Mitglied. Im Jahr 2015 haben wir kollektiv mit zwei weiteren Personen übernommen, die dann nacheinander gegangen sind. Ich habe die Leitung übernommen, ohne Vorgesetzter zu sein, aber ich war trotzdem nicht zu umgehen. Es ist eine horizontale Organisation.
Wie funktioniert Ihre Organisation?
Wir sind fünf Angestellte und die meisten Entscheidungen werden in der Gruppe getroffen. Wir werden von einem Komitee unterstützt, das vor allem dazu dient, unsere Entscheidungen durch einen externen Blick zu überprüfen.
Wir erhalten Anregungen aus der gesamten Gemüsebranche in unserer Umgebung. Mit den GemüsegärtnerInnen, mit denen wir zusammenarbeiten, haben wir den Verein Court-circuit gegründet. Hier sind Saatgut-, Setzlings- und GemüseproduzentInnen zusammengeschlossen und in diesem Verband treffen wir unsere Sortenwahl.
Die Saatgutzucht und -vermehrung von Semences de Pays wird zu mehr als der Hälfte von Spenden finanziert. Der Saatgutverkauf und der Verkauf von Setzlingen macht den Grossteil des Rests aus.
Aber es ist noch nicht lange her, dass wir mehr Geld mit Saatgut als mit Setzlingen verdienen. Wir sind von 3% Verkauf an Gemüsegärtner auf 25% gestiegen. Dies ist der Umstrukturierung mit Court-circuit zu verdanken.
Wer sind Ihre Kunden?
Wir haben vier Arten von Kunden:
- Hobbygärtner, die hauptsächlich Setzlinge und Saatgutpackungen kaufen;
- Gemüsebauern (kleine Betriebe mit kurzen Vertriebswegen, die die Sorten, die sie anbauen, selbst wählen können), die von Les Artichauts aus unserem Saatgut gezogene Setzlinge kaufen;
- Gemüsebauern, die Mitglieder von Court-circuit sind, die sich vertraglich verpflichten und an der Sortenwahl beteiligt sind;
- Institutionelle Kunden, die als Ergänzung dienen, zum Beispiel:
- ProSpecieRara, mit der wir einen Vermehrungsvertrag haben;
- Kanton Genf über Beutel für Aktivitäten zur Förderung der Biodiversität (z. B. um Wildpflanzen in die Gärten zu bringen oder Insektenpopulationen wiederzubeleben).
Was ist der Unterschied zwischen Ihrem Saatgut und dem von anderen?
Es gibt verschiedene Saatgutsysteme. Auf der einen Seite gibt es die bäuerlichen Saatgutsysteme, die seit der Jungsteinzeit existieren. Eine völlig dezentralisierte Züchtung, bei der jede Bauerngemeinschaft ihre eigene Züchtung betreibt. Die ganze Gemüsevielfalt, die wir kennen, stammt aus bäuerlichem Saatgut. Seither gibt es keine natürliche, neue Basisgenetik.
Die gesamte Züchtungsarbeit, bei uns, bei Zollinger und Sativa, aber auch bei den multinationalen Saatgutkonzernen, die Hybriden herstellen, basiert auf dem, was von den Bauern gemacht wurde. Saatgutproduktion war früher Teil der bäuerlichen Arbeit. Saatgutarbeit fand auf den Höfen statt. In der Zeit, wo sich die Landwirtschaft mechanisiert wurde, entstand auch die sogenannte professionelle Züchtung
Ab dem 19. Jahrhundert gibts die Linienzüchtung, die auf der Arbeit von Mendel basiert. Er hatte herausgefunden, wie sich die Merkmale einer Pflanze vererben. Dank dieser Methode entstanden sehr homogene Sorten. Sie ermöglichten die Industrialisierung der Produktion, da sie die Mechanisierung erleichterten, z. B. durch Weizenähren, die alle die gleiche Höhe hatten.
Von da an war ein ganzer Teil der sogenannten modernen Züchtung darauf ausgerichtet, die Sorten an die mechanisierte Landwirtschaft, den massiven Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, die verarbeitende Industrie und den weltweiten Lebensmittelverkehr anzupassen.
Zur Linienzüchtung kam die Herstellung von Hybridsaatgut hinzu, um die gleiche Uniformität wie bei den Linien auch für fremdbefruchtende Pflanzen zu erreichen. Dieses Hybridsaatgut hatte zudem einen grossen Vorteil: Die Bauern sind gezwungen, es jedes Jahr neu zu kaufen.
Gemäss PublicEye wird der globale Saatgutmarkt “von drei Agrochemie-Riesen dominiert: Bayer (der 2018 Monsanto übernommen hat), Corteva und Syngenta. Allein diese drei Unternehmen kontrollieren mehr als 50% des auf 45 bis 50 Milliarden geschätzten Weltmarktes.”
Die Saatgutzüchtung der Multinationalen Firmen produziert ein extrem begrenztes Angebot an Saatgut, das auf eine industrialisierte und chemikalienintensive Landwirtschaft zugeschnitten ist. (https://www.publiceye.ch/de/themen/saatgut/gefaehrliche-marktkonzentration)
Bei Semences de Pays versuchen wir, die Saatgutproduktion wieder mit den lokalen Gemeinschaften zu verbinden und so zu züchten, dass keine Investitionen nötig sind, die nur mit einer Vermarktung über die Region hinaus wieder erwirtschaftet werden könnten.
Im Mittelpunkt unserer Saatgutzucht steht die Notwendigkeit, die Ernährungsdemokratie wieder herzustellen, und nicht das Interesse, Geld zu verdienen.
Verglichen mit mittelgrossen, biologischen Saatgutunternehmen wie Zollinger oder Sativa arbeiten wir mit ähnlichen Sorten. Natürlich hat jeder seine eigenen Auswahlkriterien, aber der grösste Unterschied liegt in den Dynamik: Semences de Pays möchte, dass die Züchtung dezentralisiert auf den Bauernhöfen stattfindet und sieht sich als ein Werkzeug für die Rückkehr zu einer bäuerlichen Züchtung.
Warum ist lokales Saatgut wichtig?
Es ist wichtig, sich um lokales Saatgut zu sorgen, da wir auf globaler Ebene eine grosse Vielfalt verloren haben. Auch wenn die Vielfalt der lokal verfügbaren Produkte grösser ist: Es handelt sich um das gleiche Angebot auf globaler Ebene. Früher gab es in jedem Dorf eine geringere Vielfalt, aber die war überall anders, also eine grosse Vielfalt auf globaler Ebene. Seit mehreren Jahrzehnten sterben in jeder Region enorm viele Lebensformen aus, weil sie nicht gepflegt werden. Die Rückkehr zu lokalem Saatgut bewirkt, dass diese Vielfalt wieder in Gang gesetzt wird, und zum Beispiel der Grünkohl in Genf nicht gleich ist wie der in Zürich. Wenn wir das, allein in der Schweiz, in drei oder vier Gebieten schaffen, ist das schon gut. Aber die Vielfalt, die wir verloren haben, ist die Vielfalt, in jedem Dorf einen anderen Grünkohl zu haben. Es sind nicht vier oder fünf lokale Saatgutproduzenten, die diese Vielfalt ermöglichen, sondern es sind mehrere tausend.
Auf lokaler Ebene gibt es einen Unterschied zwischen lokalem Gemüse und lokalem Saatgut, denn das Gemüse ist in seinem allerletzten Moment lokal. Zum Beispiel bei Genfer Tomaten, die aus holländischen oder spanischen Setzlingen stammen, die ihrerseits von Samen aus der ganzen Welt gezogen wurden. Der Lebenszyklus nimmt seinen Weg über alle Kontinente.
Die gesamte Produktion bei Semences de Pays erfolgt lokal. Auf lange Sicht soll dies dazu führen, dass man Saatgutneuheiten nicht immer woanders finden muss. Dies ist seit dem Ende des 19. Jahrhunderts der Fall, als die Saatguthändler immer Sorten mitbrachten, die von anderswo stammten. Dadurch wird die lokale Arbeit durch eine Sorte ersetzt, die von anderswo kommt.
Woher stammt das andere in der Schweiz verkaufte Saatgut ?
Beim Gemüse werden 2 % des verwendeten Saatguts in der Schweiz hergestellt. Die andern 98% kommen von überall sonst.
Sativa zum Beispiel hat sich für ihren Katalog mit mehreren europäischen Saatgutunternehmen zusammengeschlossen, um ein Angebot auf europäischer Ebene aufzubauen. Also wird ein Teil in der Schweiz hergestellt, ein Teil in Deutschland, einer in Holland, einer in Frankreich und einer in Italien. Es gibt ein Netzwerk.
Für Zollinger haben sie sehr lange alles bei sich zu Hause gemacht. Jetzt teilen sie sich den Katalog mit Gautier Semences, einem französischen multinationalen Unternehmen, das in Frankreich und anderswo produziert.
Im Katalog von Semences de Pays stammt bis heute alles Saatgut aus unserer Arbeit in Genf. Aber im Rahmen von Court-circuit ist vorgesehen, dass immer mehr Gemüsebauern Saatgut produzieren, also eine Produktion auf Westschweizer Ebene. Langfristig könnte es in unserem Katalog auch Saatgut geben, das in Hochsavoyen produziert wird, denn Semences de Pays ist Teil der Maison des Semences de Haute Savoie, mit der sie einen geografischen und menschlichen Raum teilt. In unserem Katalog arbeiten wir auch mit Sorten, die auf Bauernhöfen im benachbarten Frankreich entwickelt wurden. Wichtiger als die politische Landesgrenze ist die direkte Verbindung zu den Menschen, die man tagsüber besuchen kann und deren Felder und Arbeitsweisen man kennt.«Im Mittelpunkt unserer Saatgutzucht steht die Notwendigkeit, die Ernährungsdemokratie wieder herzustellen, und nicht das Interesse, Geld zu verdienen.»
Wir haben noch nicht über GVOs gesprochen? Können Sie uns mehr dazu sagen?
Für uns ist die Frage des lokalen Saatguts mit der Frage des Massstabs verbunden. Es geht nicht nur um die Entfernung, sondern auch um die Grösse der beteiligten Strukturen. In der Schweiz gibt es ein Ungleichgewicht, bei dem die grossen Einzelhandelsunternehmen der Landwirtschaft und den Verbrauchern ihre Bedingungen diktieren können. Das gleiche sehen wir im Saatgutsystem, in dem einige multinationale Konzerne das Monopol auf einen Teil der Produktion haben. Techniken wie Hybridsaatgut benötigen enorme Investitionen und sehr grosse Flächen, um Sorten zu entwickeln. Auch die Entwicklung von GVO erfordert Technologien, die nicht dezentral zugänglich sind. Es gibt eine problematische Frage, die sich de facto auf der Ebene des Saatgutsystems stellt. Das führt zu einer Zentralisierung der Entscheidungsmacht und damit zu einem Verlust der Autonomie der Bevölkerung. Das ist eine Frage der Ebenen des Ernährungssystems.
Abgesehen von der sozialen Problematik bringt eine genetische Veränderung Mutationen mit sich, die direkt von einem Individuum auf eine Monokultur, also auf sehr viele Individuen, übertragen werden. Ohne dass es eine Koevolution dieser Merkmale mit dem Rest der Lebewesen gibt. Die Frage der Gentechnik ist also die Frage nach der Geschwindigkeit einer Transformation, die stattfindet und mit einer Mutation durchgeführt wird (Mutationen, die auf natürliche Weise stattfinden, bringen Vielfalt). Diese Mutation, anstatt auf eine einzelne Pflanze zu treffen, die sich nach und nach weiterentwickelt, wird direkt auf hektargrosse Ökosysteme übertragen. Dies führt zu hoffentlich harmlosen Ergebnissen, aber da ist das Problem der genetischen Verschmutzung durch GVOs. Das Problem liegt nicht darin, was eine einzelne Pflanze ist, weil sie nicht natürlich wäre, sondern weil es so massiv viele sind, alle gleich und unerprobt. Das ist wirklich problematisch.
„Es wäre unmöglich, die Schweizer Bevölkerung nur mit lokalem Saatgut zu ernähren. Wir sind gezwungen, es zu importieren.“ Stimmen Sie dieser Aussage zu?
Man kann das Ernährungssystem nicht von heute auf morgen ändern. Aber wir könnten tatsächlich unsere Nahrung vom Saatgut bis zum Ende selbst herstellen. Es wäre einfach, sich das vorzustellen, aber es ist nicht etwas, das man über Nacht umsetzen kann, denn es bräuchte eine Planung, die nicht nur auf Freiwilligkeit beruht. Wir müssten die Art und Weise ändern, wie wir einkaufen. Wir müssten von einer sehr fleischlastigen Ernährung – die enorm viel Platz in der Landschaft einnimmt – zu einer fleischarmen übergehen. Es würden viel mehr Menschen auf den Felder gebraucht. All das ist möglich, aber es braucht Zeit. Wir haben ein Klima, das mehr als acht Millionen Menschen ernähren könnte.
Über Setzlinge haben wir bisher erst wenig gesprochen.
Wir haben ein wenig über “Les Artichauts” gesprochen. Der Verein produziert Setzlinge für bäuerliche Landwirtschaftsbetriebe, aber nicht für grössere Strukturen.
Wir haben es wieder mit zwei Modellen zu tun. Der billige Setzling ist ein Modell, bei dem kontinuierlich etwas produziert wird, das nicht verlangt wurde, aber immer verfügbar ist. Es gibt also ein Angebots- und Nachfragesystem, das auf ständiger Verfügbarkeit und niedrigen Preisen beruht, mit sehr wenig Möglichkeit für die Endverbraucher, das Produkt auszuwählen.
Die Setzlinge in der Schweiz werden hauptsächlich aus Spanien oder den Niederlanden importiert. Es sind ganze Lastwagen, die nur mit Setzlingen auf den Strassen unterwegs sind. Diese Setzlinge werden importiert, weil das billiger ist, wegen dem Lohndumping. Laut den Zahlen des Bundes werden „72% der Setzlinge (Gemüse, Tabak, Heil- und Gewürzpflanzen) importiert. Die restlichen 28% werden in der Schweiz produziert. Von diesen 28% stammen 12% aus dem eigenen Betrieb und 16% aus anderen Schweizer Betrieben. Das Saatgut hingegen stammt in der Regel aus dem Ausland.” (aus Publication Varietes semences et plants_fr)
Sie haben das Buch „Une multiplication“ geschrieben. Was waren die Gründe?
Es ist ein Buch, das eine intime Geschichte zwischen einer Pflanze und einem Menschen erzählt. Ich war noch nicht vom Fach, als ich damit anfing. Ich hatte eine Handvoll Kichererbsen, die ich zu säen und wieder zu säen begann. Es ist ein Blick, der sich aus der Erfahrung eines Nichtfachmanns entwickelt. Es ist ein Empirismus. Ich fing an, ein paar Dinge zu notieren und dann immer mehr.
Ich stellte mir die Frage, wie man von ein paar Samen, die in die Hand passen, zu einem Feld kommt, das mit einem Traktor bewirtschaftet werden kann, weil es genug Fläche gibt, um mit einem Mähdrescher ernten zu können. Das war zwischen 2009 und 2017, bevor ich zu Semences de Pays kam.
Die Leute sahen mich Kichererbsen zählen und in Umschläge stecken, und sie fingen auch an, das Heft zu sehen. Und meine Mutter wusste davon und dachte sich, dass sie das veröffentlichen muss. Inzwischen hatte ich ein Zeichenprojekt und einige theoretischere Texte gemacht, die dem Kulturtagebuch hinzugefügt wurden.
Die ursprüngliche Kichererbse wurde mir mit grosser Überzeugung von einem kolumbianischen Hochlandbauern gegeben. Es stellte sich jedoch heraus, dass diese Kichererbse aus einem Saatguttausch stammte und aus der Region von Kabul in die USA gelangt war, wo sie von Wissenschaftlern geschätzt wurde, da es sich im Vergleich zu den üblichen Kichererbsen um eine Kichererbse für kaltes Klima handelte. Ich kannte die Pflanze nicht und habe diese Kichererbse nicht speziell ausgewählt.
Gibt es noch etwas, das wir noch nicht besprochen haben und Sie uns mitteilen möchten?
Die Frage ist, wie wir aus der Sackgasse rauskommen. Wir wissen, dass wir ein grosses Manko an Lebensmittelvielfalt und -auswahl haben. Die kleine Organiation Semences de Pays kann das Problem nicht lösen. Aktuell arbeiten nur 2% der Bevölkerung in der Landwirtschaft. Sie werden keine neuen Gesellschaften gründen. Das macht keinen Sinn.
Wir brauchen Gemeinschaften von BürgerInnen, die die Verantwortung für das Ernährungssystem übernehmen. Es braucht eine kollektive Kraft, die es ermöglicht, ein dezentrales System aufzubauen, das diese Elemente zurückbringt. Wir Saatgutzüchter werden die Biodiversität nicht alleine retten können. Wir brauchen ein dazugehöriges Ernährungssystem, um die Ernährungsdemokratie wieder herzustellen. Wir sind gerade dabei, BürgerInnenkomitees in Stadtvierteln zu gründen, die in diese Richtung gehen. Mit einer Sozialversicherung für Ernährung, damit die Wahl der Lebensmittel nicht durch den Geldbeutel eingeschränkt wird. Die Arbeit der Bauern gut bezahlen, mehr bäuerliche Betriebe, und neue Arten der Landwirtschaft ermöglichen (Artikel auf unserer Website).
Derzeit ist man dabei, das Aussterben zu bremsen. Es muss gelingen, eine Arbeit des Bundes in Changins zu unterstützen, damit Stellen geschaffen werden, um die Gemüsesammlungen zu unterstützen. Es gibt keine Kartoffelzucht mehr in der Schweiz. Man darf die Kartoffeln nicht aufgeben, weder auf staatlicher Ebene noch auf Ebene der Saatgutunternehmen.
Sativa, Zollinger und wir arbeiten verschieden, aber ich denke, es ist wichtig, dass es diese drei Formen von Saatgutunternehmen gibt. Das bringt die verlorene Vielfalt nicht zurück, aber im Moment müssen diese Bremsen erhalten bleiben und es braucht öffentliche Gelder, um diese Arbeit zu unterstützen. Es gibt durchaus Arbeiten, die gemacht werden, aber sie sind im Vergleich zum Problem unterdimensioniert und müssten viel mehr Gewicht haben.
Die Lösung, die ich sehe, bäuerliches Saatgut global wieder einzuführen, ist etwas, das sehr lange dauern wird und die Auswirkungen werden sehr langsam sein. Es muss auch eine Reihe andere Dinge geschehen und wir müssen unsere Arbeit als Saatgutunternehmen fortsetzen können.